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EU-Gelder für Antisemiten

Winston Churchill hat einmal gesagt: „Es gibt keinen größeren Fehler, als anzunehmen, dass Plattitüden, schöne Worte und eine schüchterne Politik einen Weg in die Sicherheit bieten.“ Das ist die Herausforderung, der sich Europa und nicht nur seine Juden und Jüdinnen angesichts der immer größer werdenden Bedrohung durch den tödlichen Antisemitismus stellen muss.

Bisher war die Antwort der europäischen politischen Elite beschränkt, was nicht zuletzt daran liegt, dass Teile der Europäischen Union selbst nicht unwesentlich zur Akzeptanz antisemitischer Denkweisen beitragen. Erst vor zwei Jahren sprach der palästinensische Präsident Mahmud Abbas vor einer jubelnden Menge davon, dass „Rabbiner in Israel von ihrer Regierung verlangt haben, das Wasser zu vergiften, um Palästinenser zu töten“. Er verkündete diese mittelalterliche antisemitische Ritualmordlegende nicht in Ramallah, sondern im Epizentrum der europäischen Demokratie, dem Europäischen Parlament. Für seine Rede erhielt er Standing Ovations.


Der damalige Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, bezeichnete seine Rede sogar als „inspirierend“. Das ist nur eines von vielen Beispielen, wo der Antisemitismus von EU Vertretern ignoriert, wenn nicht bestärkt wurde. Die regierende ungarische Fidesz, bekannt für ihre antisemitischen Hetzkampagnen, ist immer noch Mitglied der Europäischen Volkspartei. Und zu guter Letzt hat Europa ein offenes Ohr für das iranische Regime, das den Holocaust leugnet, Hauptunterstützer des antisemitischen Terrorismus ist und Israel auch unter dem Präsidenten Hassan Rohani immer wieder mit der Vernichtung droht.


Vor wenigen Wochen wurde Aladdin ­Boroujerdi, Vorsitzender des Ausschusses für Außenpolitik des iranischen Pseudoparlaments, vom EU-Parlament empfangen. Boroujerdi ist nicht nur für die Unterstützung von Terrororganisationen wie Hisbollah, Islamischer Dschihad und Hamas verantwortlich, sondern nahm 2014 auch an einer Konferenz von Holocaustleugnern und antisemitischen Verschwörungstheoretiker in Teheran teil.


Darüber hinaus ist die EU zu einem maßgeblichen Unterstützer der antisemitischen BDS-Bewegung geworden. Laut NGO Monitor gehen fast ein Drittel der EU-Zuschüsse, die durch regionale EU-Finanzierungsprogramme für Israel, das Westjordanland und Gaza verwaltet werden, an Organisationen, die BDS aktiv fördern. Diese Gruppen haben knapp 17 Millionen von den insgesamt 67 Millionen Euro erhalten. Neun Organisationen, die BDS aktiv unterstützen, wurden gar mit Mitteln des EU-Programms Partnership for Peace gefördert – ein Programm, das für gemeinsame Projekte mit israelischen und palästinensischen Organisationen bestimmt ist und „Vertrauen und Verständnis zwischen den Gesellschaften in der Region aufbauen“ soll.


EU-Mittel werden auch im Rahmen von Programmen zur Bekämpfung von Radikalisierung an als „extremistisch“ geltende muslimische Organisationen verteilt. Erst vor Kurzem wurde aufgedeckt, dass knapp 300.000 Euro an die Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands ausgezahlt werden sollen – eine Organisation, die laut deutscher Bundesregierung selbst als „extremistisch“gilt. Sie ist eng mit dem Islamischen Zentrum Hamburg vernetzt, einem Außenposten des iranischen Regimes. Erst im Sommer letzten Jahres erklärte der Leiter besagten Zentrums, die Aktivitäten seiner Organisation seien „vor allem darauf konzentriert, die Muslime zur Einheit einzuladen und sich auf den Kampf gegen den zionistischen Feind als den Hauptfeind der islamischen Nation zu fokussieren.“


Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie die EU einen glaubwürdigen Kampf gegen den Antisemitismus führen will, wenn ihre eigenen Institutionen und Beamten, antisemitische Äußerungen nicht nur nicht ausdrücklich verurteilen und entsprechend handeln, sondern auch antisemitische Organisationen unterstützen.


Stattdessen wäre es an der Zeit einen europäischen Cordon Sanitaire gegenüber allen antisemitischen Kräften zu etablieren. Ein solcher müsste sich gegen Judenfeinde innerhalb aber auch außerhalb Europas richten. Denn der Kampf gegen den Antisemitismus in Europa wird über die Fähigkeit des alten Kontinents entscheiden, sich für die Freiheit einzusetzen, die in der Aufklärung entfaltet und für die in der Französischen Revolution gekämpft wurde.   

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