Das Diaspora Museum in neuem Licht

Beit Hatfutsot ist mehr als ein Museum

Das Diaspora Museum – Beit Hatfutsot – wurde 1978 dank der Vision von Nahum Goldmann, damals Präsident des World Jewish Congress, eröffnet. Das Museum des jüdischen Volkes, angesiedelt auf dem Tel Aviv University Campus Beit Hatfutsot, ist mehr als ein Museum. Diese einzigartige globale Institution erzählt die laufende und außergewöhnliche Geschichte des jüdischen Volkes, sie verbindet das jüdische Volk mit seinen Wurzeln und stärkt somit persönliche und kollektive Identität. Ziel von Beit Hatfutsot ist es, der Welt den wechselvollen und faszinierenden Werdegang dieses außergewöhnlichen Volkes zu vermitteln.

Fotokunstwerk von Pesi Girsch
Aud der aktuellen Ausstellung:"Hand und Fuß",
Fotografie von Pesi Girsch, 1988

Die Geschichte des jüdischen Volkes ist eine Geschichte der ständigen Erneuerung. Und so ist auch das Museum im ständigen Wandel begriffen. Seit mehr als drei Jahrzehnten hat Beit Hatfutsot eine wesentliche und weltweite Rolle bei der Stärkung jüdischer Identität und Weitergabe jüdischen Erbes gespielt. Um weiterhin effektiv diese Rolle zu erfüllen, haben jüdische und internationale Museumsexperten aus der ganzen Welt gemeinsam einen strategischen Plan für die Renaissance des Beit Hatfutsot entwickelt. Dieser Plan umfasst  neben dem Umbau des Museums auch neue Konzepte der Ausstellungsgestaltungen. Der Besucher wird auf eine Reise geschickt, die im dritten Stock beginnt und die vielfältige Welt des Judentums von heute zeigt. Die Begegnung mit der jüdischen Geschichte von heute ermöglicht eine direkte und unmittelbare Verbindung zwischen der Ausstellung und dem Besucher und konfrontiert ihn realitätsnah mit relevanten Fragen.

Von der Gegenwart in die Vergangenheit : Im ersten Stock kann sich die Besucherin mit den antiken Wurzeln und den Anfängen des Judentums auseinandersetzen. Im zweiten Stock wird jüdische Diaspora von der Zerstörung des Zweiten Tempels bis in die Gegenwart präsentiert. Die Ausstellung beleuchtet die zentralen Standorte jüdischen Lebens und Wirkens in jedem Zeitraum sowie die Spanne und die Vielfalt jüdischen Glaubens und Kreativität. Bemerkenswert ist auch die Interaktion zwischen der Gemeinde und der Gesellschaft, in der sie lebte, ihren Einfluss auf die Gesellschaft des Aufnahmelandes und umgekehrt. Emanzipation und Aufklärung. Hier werden die verhängnisvollen Entscheidungen von Juden im Laufe der Zeit über Einwanderung, Integration, Assimilation, die Aufrechterhaltung der Tradition und der Staatsangehörigkeit reflektiert.

Die Entstehung der Religion sowie  die Geburt des jüdischen Volkes und seine unabhängige Existenz im Land Israel; eine Geschichte, welche  der Verbindung zwischen dem jüdischen Lebenszyklus, des jüdischen Kalenders sowie grundlegenden jüdischen Traditionen, von der Antike bis heute nachgeht. Dieses großartige Konzept soll 2015 verwirklicht werden, wobei für die Ausstellungsfläche 4000 Quadratmeter geplant sind. Ein Generationswechsel markiert ebenfalls den Umbruch. Irina Nevzlin Kogan wurde als Vorsitzende gewählt und wird in Zukunft für die Planung verantwortlich sein. Schon heute präsentiert sich das Museum in neuem Gewande. Es fanden großzügige Umbauten statt und laufend werden interessante Ausstellungen präsentiert.

Portraät Irina N

Derzeit läuft eine bemerkenswerte Darbietung israelischer Künstler unter dem Titel – Absent Body – sie setzt sich mit der Körpersymbolik im Judentum und Christentum auseinander. Werke acht renommierter israelischer Künstler von den siebziger Jahren bis heute zeigen ihre Interpretationen von Körper und Göttlichkeit. Diese Ausstellung demonstriert die komplexen kritischen Beziehungen zwischen jüdischen und christlichen Denkens, ihre sich gegenseitig ausschließenden Aspekte und deren Einfluss auf einander, und unterstreicht die zentrale Bedeutung beider Traditionen in den vorgestellten Werken. Diese Arbeiten weisen auf die Spannung zwischen der Immaterialität Gottes im Judentum und seine konkrete materielle Existenz im Christentum hin und vermitteln darüber hinaus visuelle Darstellung in der israelischen Kultur. The Absent Body vereint Mitglieder der verschiedenen künstlerischen Generationen und stilistisch unterschiedlichsten Arbeiten in einem einzigen Raum, und offenbart zentrale Konflikte der letzten vier Jahrzehnte von Kunstschaffenden und deren Auseinandersetzung mit der Religion. Eine weitere Ausstellung ist der Ergreifung Eichmanns und dessen Verurteilung gewidmet. In Dokumenten und persönlichen Aufzeichnungen wird minutiös die Entdeckung und die Entführung dieses Naziverbrechers dokumentiert.

Die neue Familie Gallery, mit der Kinder die Ausstellung „AB-See Do", ist nun offen, in einem 570 Quadratmeter großen Raum auf der ersten Etage des Abraham und Edita Spiegel Family Building. Die Ausstellung erweckt das Wesen der hebräischen Sprache und richtet sich an alle Zielgruppen, vor allem Familien mit kleinen Kindern. Mit modernsten zeitgenössischen Museumsmedien wurde hier eine multi-sensorische Erlebnispädagogik für das Alter von 3-10 Jahren gemeinsam mit Eltern und anderen erwachsenen Verwandten und Freunden erstellt. Die Ausstellung überträgt die Idee, dass die Sprache die Grundlage für Lernen ist und konzentriert sich auf die Wiedergeburt der hebräischen Sprache und betont die große Kraft, die eine Sprache in der Kommunikation hat.

Ein weiteres höchst interessantes Projekt, dem sich Beit Hatfutsot seit 15 Jahren widmet, ist das der „My Family Story“, in dem Schüler im Alter von 10–14 Jahren ihre Familiengeschichte erforschen. Zehntausende von Studenten weltweit nehmen jährlich an diesem internationalen Wettbewerb teil. In diesem Wettbewerb erforschen die Schüler die Geschichte ihrer Familie und präsentieren sie teilweise unglaublich professionell in ihrer eigenen Sprache und Gestaltungsmöglichkeiten. 2011 nahmen mehr als 20.000 Studenten aus verschiedenen Ländern der ganzen Welt teil (Israel, Argentinien, Weißrussland, Kanada, Chile, Kolumbien, Spanien, Italien, Mexiko, Russland, Südafrika, Venezuela, Ukraine, USA und andere). Dies ist auch eine Möglichkeit, die Vielseitigkeit des Judentums aufzuzeigen und auf den Beitrag hinzuweisen, den Juden seit jeher auch für die globale Kultur geleistet haben. J.N.

 

Die Ausstellung "Der abwesende Körper / The Absent Body – Körperbilder zwischen Judaismus und Christentum in der Arbeit von acht israelischen KünstlerInnen" ist noch bis 15. November im Beit Hatfutsot, Museum des jüdischen Volkes zu sehen.

In voller Länge finden Sie alle Artikel und vieles mehr in der aktuellen Printausgabe der INW Wir senden Ihnen gerne die aktuelle oder eine frühere Ausgabe der Illustrierten Neuen Welt zu. Bestellen Sie online.
Besuchen Sie auch unsere Bücherseite und die Terminseite.

Letzte Änderung: 18.10.2012
Webmeisterin + Redaktion: Mag. Ditta Rudle
Kontakt