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Aus dem Inhalt der Ausgabe, Nr. 2/3– 2002

Redaktion, Verwaltung und Druckerei wünschen allen
LeserInnen und InserentInnen schöne Feiertage


Covereisenmayer
Modern Babel,
Öl auf Leinwand, 1962

Ernst Eisenmayer

Bis 16. Juni 2002 sind die Werke des vor allem in der Londoner Kunstszene bekannten Künstlers Ernst Eisenmayer im Jüdischen Museum in Wien zu sehen. In der britischen Emigration stand er in engem Kontakt mit der Bewegung "Young Austria" sowie mit Oskar Kokoschka und Erich Fried, mit dem er gemeinsam das Wasa-Gymnasium in Wien besuchte.

Das Werk Ernst Eisenmayers steht in der Tradition der klassischen Moderne. Seine frühen Bilder sind geprägt vom Leben im Exil: Industrielandschaften aus dem London der Vierziger und Fünfziger Jahre, Straßenszenen, die Londoner Vorstädte sowie zahlreiche Porträts und Selbstporträts.

Der Mensch und sein Schicksal stehen bei Ernst Eisenmayer im Mittelpunkt. Seine Bilder und Skulpturen sind bewusste Auseinandersetzung mit Themen wie Gewalt, Unterdrückung und Machtmissbrauch. Die Ausstellung im Jüdischen Museum zeigt eine breite Auswahl an Skulpturen, Ölbildern und Zeichnungen aus dem sehr vielschichtigen Werk des Künstlers.



Editorial

Keine Zukunft ohne Vergangenheit

Die Debatte geht immer weiter.

Einerseits der Ruf, Vergangenheit endlich ruhen zu lassen und andererseits der Drang nach historischer Wahrheit. Nun wirft sich die Frage auf: Was ist die Wahrheit? Von welcher Seite betrachtet und wie kann man die verschiedenen Realitäten und Befindlichkeiten relativieren? Heute steht Europa mit der Osterweiterung vor einem entscheidenden und weit in die Zukunft reichenden Schritt. Und gerade jetzt wieder die Erkenntnis, dass alte Vorurteile noch immer nicht abgebaut sind beziehungsweise immer wieder neu diskutiert und von bestimmten Kreisen in eine eindeutige Richtung gelenkt werden. Die jüngsten Diskussionen über die Aufhebung der Benesdekrete sind ein allzu plastisches Beispiel dafür. Wenn wir heute von den Vertreibungen der Sudetendeutschen sprechen, kann dies nicht ohne Kenntnis der Vorgeschichte geschehen. Die Geschichte der Deutschen in Tschechien entwickelte sich ziemlich parallel mit der Geschichte in der Heimat. Die nationalistischen Kräfte errangen bereits vor Hitlers Machtergreifung immer mehr Bedeutung, die dann im Jahre 1933 mit der Gründung von Konrad Henleins Partei ihre Blüte erlangte. 1935 erhielt diese Partei bereits zwei Drittel der deutschen Stimmen und stellte 44 der 66 deutschen Abgeordneten im Prager Parlament, das insgesamt 300 Sitze zählte. Noch vor dem Münchner Abkommen war die Parole "wir wollen heim ins Reich" die Motivation aller politischen Aktivitäten, die sich neben parlamentarischen Auseinandersetzungen auch in massiven terroristischen Aktionen manifestierten. Mit dem Münchner Abkommen erlangten die deutschen Bewohner in Tschechien automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft und standen somit im direkten Gegensatz zu der tschechischen Bevölkerung, die den Einmarsch Hitlers zu Recht als Besatzung empfand. Somit wird die These Milos Zemans verständlich, wenn er die Deutschen als Fünfte Kolonne und als Zerstörer der tschechischen Demokratie bezeichnet. Dieselbe Meinung schienen auch die Alliierten 1945 in Potsdam vertreten zu haben, als sie die Aussiedlung der Deutschen aus den Ostgebieten beschlossen. Was heute in den Diskussionen um die Vertreibung irritiert, ist die Gleichstellung mit den nationalsozialistischen Gräueltaten. Diese auf gleiche Ebene mit Opfern des Hitlerregime zu setzen, ist empörend und zeigt, dass es noch sehr lange dauern kann, bis die Geschichte des 20. Jahrhunderts in all ihren Facetten und verschiedenen Dimensionen erfasst sein wird. Es wäre an der Zeit, dass die verschiedenen Heimatvertriebenen-Verbände sich kritisch mit den historischen Hintergründen auseinandersetzten. Einige, sehr vereinzelte Stimmen sind bereits zu hören. Gerade diese Gleichstellung verhindert auch bei den Tschechen den offenen Umgang mit ihrer Geschichte und die Anmaßung, die Aufnahme in die EU mit der Aufhebung der Benesdekrete zu verknüpfen, ist kontraproduktiv und nützt niemanden. Diese Initiative, an der die österreichische Regierung nicht unbeteiligt ist, könnte längst ausgediente Ressentiments wecken und alte "neue" Allianzen wieder aktualisieren. Vielmehr sollte man, wie dies Fürst Schwarzenberg schon mehrmals öffentlich äußerte, die positiven gegenseitigen Impulse beider Völker – Österreich und Tschechien – in den Vordergrund stellen. Die Wurzeln vieler österreichischer Persönlichkeiten, die maßgebend das politische und kulturelle Leben bereicherten, sind in Böhmen und Mähren zu finden. Diese positiven Aspekte sind besser geeignet den Umgang miteinander mit Respekt zu gestalten, ganz im Sinne des neuen Europas.

Joanna Nittenberg

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Kommentar

Israel – Vakuum in der Führung

Ein Jahr ist Scharon nun an der Macht. Eine gute Gelegenheit, Fazit zu ziehen.

Die Stimmungslage in Israel sackt in immer neue Tiefen ab. Jeden Tag sterben durchschnittlich zwei Menschen in Terrorattentaten, die Ratlosigkeit der Vergeltungsakte der Armee ermutigen nur die Terroristen, die Arbeitslosigkeit greift um sich und hat schon die 10% Marke überschritten, der Schekel macht eine achterbahnähnliche Irrfahrt auf den Währungsmärkten, und am Horizont brauen sich nur neue Unwetter zusammen.

Diesem Sog der Entmutigung stellt sich fest entschlossen ein Führungsvakuum entgegen, welches in der Geschichte des Zionismus seinesgleichen sucht. In seiner lang und heiß erwarteten Rede an die Nation litt Scharon an rhetorischem Durchfall: er redete viel, doch sagte nichts. Sein einziger Ratschlag an sein Volk: Mund halten und weitermachen. Er wüsste schon genau, was er tue. Doch eben dies versprach er schon vor den Wahlen. In kurzen Zeitabständen veröffentlicht sein Ministerium immer wieder einen neuen Plan, der, schon bald, das Problem des Terrors lösen würde. Allmonatlich verspricht Scharon ein neues Wundermittel entdeckt zu haben, das gleich die Ruhe bringen wird. Die Vielfalt dieser Pläne macht es offensichtlich: Scharon hat keinen Plan, er steht so ratlos wie seine Vorgänger vor einer von ihm unlösbaren Situation. Es ist bezeichnend, dass seine Antwort auf die Frage, warum man seiner Meinung nach Hoffnung haben müsse, sich lediglich auf die Vergangenheit bezog:

Scharon ist ein Mann von Gestern.

Hätte er nur ein wenig Ehrbarkeit in sich, würde er in Stille zurücktreten. Als Premier der größten Koalition in der Regierungsgeschichte Israels ist er so standhaft wie Wackelpudding in der Schraubzwinge: er widersteht keinem Druck. Mal schwabbelt er nach links und spricht mit Palästinensern, nun zuckelt er nach rechts und sperrt Arafat ein, dann schüttet er Milliarden, als wäre es Vanillesauce, in überflüssige sektoriale Programme, die sich der Staat gar nicht leisten kann. Anstatt die Größe seiner Machtbasis für bitter nötige Reformen zu nutzen, verkommt diese Stärke unter Scharon zu seiner größten Schwäche. Um keinen seiner Koalitionspartner zu verprellen, wagte er keine nennenswerten Veränderungen in dem Budget für das Jahr 2002. Mit wochenlanger Verspätung verabschiedet, änderte es nichts außer den Milliardenzuschüssen für die orthodoxen Juden sowie einer Kürzung quer durchs Beet für alle anderen Sektoren. Keine neuen Investitionen in der Infrastruktur, keine Zuschüsse für Bildung und Forschung, dafür hunderte Millionen für Umgehungsstraßen in den besetzten Gebieten, die schon heute Todesfallen für die Siedler sind und morgen das Rückgrat des Palästinenserstaates werden, den Scharon selbst schon versprochen hat. Ein Geschenk des arbeitslosen und verarmten israelischen Steuerzahlers an Arafat.

So konzeptlos wäre Scharon leichte Beute für jeden halbwegs rationalen politischen Gegner, doch ist es in Israel erstaunlich ruhig. Hier und da kleckert eine mutilierte Friedensbewegung eine kleine Demonstration hin, aber die eigentliche Opposition unter Verteidigungsminister Ben Eliezer sitzt in den warmen Sesseln der Regierung und will nicht raus in die Kälte. In Israel herrscht deswegen heute keinerlei redenswerte öffentliche Debatte, keine konstruktiven Ideen werden aufgeworfen: die Regierung der Nationalen Einheit ist zu einer nationalen Gedankenlähmung verkümmert. So ist es zu verstehen, dass ein unveröffentlichter Redeentwurf in der Schublade eines saudischen Prinzen zum nationalen Hoffnungsträger mutiert. Beginnen kann man die Analyse damit, dass die Saudis jedwede Form von direkten Gesprächen über ihre Initiative mit Israelis kategorisch ablehnen. Israelische Sprecher erbauen sich jedoch darüber, dass in dem nicht-gelesenen Dokument das Rückkehrrecht nicht erwähnt wird, auch von der Rückgabe der Klagemauer sage es nichts. Ebenso wenig definiert es die versprochene Normalisierung. Hier bleibt einem nur daran zu erinnern, dass die "Normalisierung" mit Ägypten und Jordanien sich unter anderem in antisemitischer Hetze in den staatlichen Zeitungen, in der Unterbindung jeglichen Kulturaustausches und einem kategorischen Verbots jedes Kontaktes unter Freiberuflern ausdrückt. Von toleranter Akzeptanz ist da keine Rede. Diejenigen, die nun denken, die Saudis wären die Umgehungsstraße um Arafat, werden schnell in einer diplomatischen Sackgasse landen. Es bleibt leider anzunehmen, dass die Saudis lediglich auf Besorgnis erregende amerikanische Meinungsumfragen reagierten. Zusätzlich positionieren sie sich delikat in einer Vetostellung gegenüber einem amerikanischen Angriff auf Irak im Frühling, denn wird Bush tatsächlich eine umfassende regionale Friedensinitiative mit Bombardements auf arabische Brüder vergelten?

Selbst nach den anstehenden Verbesserungen am Hubble-Teleskop wird niemand einen wahren Lichtblick am nahöstlichen Horizont entdecken. Arafat ist zu Kehrtwendungen ebenso wenig Willens wie fähig, Scharons wortwörtliche Massenträgheit wird ihn weiter entlang des Pfades verworfener und recycelter Ideen führen. Das Versagen der israelischen Politik erinnert bedrohlich an das argentinische Beispiel, in dem eines der reichsten Länder der Welt von selbstsüchtigen und kurzsichtigen Politikern in den Ruin gewirtschaftet wurde. Wenn die einstmals so vitale israelische Demokratie nicht bald anfängt, glaubhafte Alternativen zu den jetzigen Führern zu stellen, wird sie ebenso in dem Strudel der Ereignisse den Abfluss der Geschichte dahinfließen. Ganz im Gegensatz zu Scharons Ratschlag ist es an der Zeit, den Mund sehr weit aufzumachen, damit es so nicht weitergeht.

Gil Yaron

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Grünes Licht

Washingtons veränderte die nahöstliche politische Landschaft

Achtzehn Monate nach Beginn der palästinensischen Kampagne von Gewalt und Terror hat sich die "Al-Aqsa-Intifada" zuerst von einem "Konflikt niedriger Intensität" zu einem regelrechten Krieg entwickelt. Nach einer Reihe brutaler Attacken und Selbstmordanschlägen sind die diplomatischen wie die sich von Israel selbst auferlegten militärischen Schranken weitgehend gewichen. Harte Vergeltungsaktionen Israels wurden durch eine Art "grünes Licht" aus Washington ermöglicht, das sich so gut wie jeder Kritik an der israelischen Abwehr des palästinensischen Abnutzungskrieges enthielt, solange Israel ein paar Spielregeln befolgte, das Leben Yassir Arafats verschonte und darauf verzichtete, die autonomen Gebiete zu besetzen und der Palästinensischen Behörde den Garaus zu machen.

Auf dem Höhepunkt der militärischen Konfrontation kam es dann plötzlich zu einer – zumindest vorläufigen – Beruhigung. Alle Seiten scheinen erkannt zu haben, dass die gegenseitigen Vergeltungen der Vergeltungen lediglich zu mehr Blutvergießen, aber keiner Lösung führen. Premierminister Scharons Plan der Errichtung von Pufferzonen hat weder bei den Israelis noch bei den Palästinensern Begeisterung ausgelöst. Immerhin war es Scharon, der einst den Siedlungsbau forcierte und damit die Verflechtung zwischen Israelis und Palästinensern verursachte, die er nun durch Pufferzonen separieren möchte. Sein Plan kommt nur dem Wunsche der Israelis nach erhöhter Sicherheit im eigenen Land entgegen. Erstmals nach Wochen angebahnte Sicherheitsgespräche zwischen den beiden Kontrahenten, die Festnahme der Zeevi-Mörder durch die Palästinenser und die weltweite, vorwiegend positive, Reaktion auf einen noch keineswegs perfektuierten Friedensplan des Saudi-Kronprinzen Abdullah haben die Lage einigermaßen entspannt. Für wie lange, steht offen. US-Außenminister Powell sprach auf dem Heimwege aus dem Fernen Osten von Konsultation mit den Nahost-Parteien über die Vorschläge Abdullahs. Frankreichs Präsident Chirac bedrängte Bush telefonisch, Israel und die Palästinenser wieder zum Verhandlungstisch zurückzuführen. Ägyptens Präsident Mubarak begibt sich nach Washington, mit Bush die Nahostlage zu erörtern. Er möchte Scharon und Arafat in Kairo zu Gesprächen zusammenführen – ein aussichtsloses Unterfangen. Von allen Initiativen scheint zunächst der offiziell noch nicht unterbreitete Abdullah-Plan das stärkste Interesse zu erwecken. Wenn die relative Ruhe andauern und Verhandlungen wieder aufgenommen werden, wäre dies das Ergebnis der verzweifelten Lage, in die sich Arafat selber hineinmanövriert hatte.

Von den geliebten Symbolen des palästinensischen Präsidenten ist so gut wie nichts übriggeblieben. Seine Hubschrauber, sein Flughafen in Gaza, die offiziellen Amtssitze und Amtsräume seiner diversen Sicherheitsorgane, sind in Schutt und Asche gebombt worden. Fieberhafte Versuche palästinensischer Propagandisten wie Saeb Erekat und Hanan Ashrawi, die alten Mythen und Ausflüchte von "Okkupation" und "Siedlungen" als Rechtfertigung des Terrors und der Hasstiraden wiederzuerwecken, finden höchstens in der islamischen Welt und Teilen Europas Gehör. Nachdem Arafat die Vermittlungsmission Anthony Zinnis, des persönlichen Beauftragten des US-Außenministers Powell, zerstörte, hatte Zinni in einem Augenblick undiplomatischer Offenheit Arafat als "capo di tutti capi" bezeichnet, als Paten einer Mafiabande. Arafats "Präsidentschaft" beschränkte sich zuerst auf wenig mehr als ein paar Dutzend Quadratmeter seines Amts- und Wohnsitzes in Ramallah, bis die Israelis ihm nach der verspäteten Festnahme der Mörder des Ministers Zeevi Bewegungsfreiheit innerhalb der Stadtgrenzen von Ramallah, aber nicht außerhalb dieser zugebilligt haben. Trotz der schmerzlichen Schläge, die Israel von den palästinensischen Terrorgruppen hinnehmen musste, war eine radikale Veränderung der internationalen politischen Landschaft offenkundig. Wochenlang haben nicht einmal Ägypten, Syrien und andere arabische Staaten gegen die Behandlung Arafats protestiert, geschweige denn mit einer potentiellen militärischen Konfrontation zur Verteidigung der Palästinenser gedroht. Zwischen einem verärgerten Präsidenten Mubarak und Arafat herrschte Funkstille. Irak wie Iran befinden sich unter massivem amerikanischen Druck, Saudiarabien ist zu kompromittiert, was Israels strategischer Abschreckungskraft zusätzlichen Nachdruck verlieh. Der amerikanische Ärger über Arafat hat Ausmaße erreicht, in der die Fortdauer formaler Beziehungen zur Palästinensischen Behörde wiederholt in Frage gestellt wurde und New Yorks Bürgermeister Bloomberg im eigenen Stadtrat Versuche abwehren musste, die Palästinensische UN-Repräsentanz aus dem Stadtgebiet zu entfernen. Das Weiße Haus und State Department waren nicht länger bereit die eindeutigen Lügen hinzunehmen, mit denen Arafat die Verantwortung für den aufgeflogenen Waffenschmuggel auf dem Karine A-Frachter zu leugnen versuchte. Als eine "fundamentale Veränderung der Lage" bezeichnete Daniel Pipes, Präsident des Middle East Forums, die Transformation des israelisch-palästinensischen Konfliktes in den Augen Washingtons. Im weltweiten Krieg gegen Terror fand sich Arafat über Nacht auf der falschen Seite.

Präsident Bush war nicht bereit zwischen "gutem" und "schlechtem" Terror zu unterscheiden oder dem Druck befreundeter arabischer Staaten und europäischer Verbündeten zu weichen, die sich Arafats Isolierung mit der Begründung widersetzten, Israel benötige Arafat als Verhandlungspartner und als einziges Vehikel zu einer Friedensregelung. In Augen Bushs wie Scharons ist Arafat eher ein Teil des Problems als der Lösung. Frankreichs Außenminister Vedrine kritisierte Bushs Zugang zum Problem des Terrorismus als "simpel". Doch alle Proteste gegen die "einseitig proisraelische Haltung" fegte das Weiße Haus vom Tisch: "Die Vereinigten Staaten werden an einer Politik festhalten, die ihrer Meinung nach den besten Interessen von Frieden und Stabilität in der Region diene", stellte Sprecher Ari Fleischer fest. Ebenso klar wurde der Aufschrei der Araber und ihrer europäischen Freunde gegen Israels harte Vergeltungsschläge beantwortet: "Israel ist ein souveräner Staat und seine Regierung beschließt die Mittel und Wege zum Schutze der Sicherheit ihrer Bürger. Israel hat das Recht in Sicherheit zu leben," sagte der Sprecher des Weißen Hauses. US-Verteidigungsminister Rumsfeld stellte laut die rhetorische Frage: "Hat Arafat jemals in der Geschichte etwas dem palästinensischen Volke eingebracht?" Der Kongress, satt der Arafatschen Mixture von Terror und Lügen, bildet eine mächtige Barriere gegen Forderungen der Gegner und Kritiker Israels nach einer "mehr balancierten" amerikanischen Nahostpolitik. Außenminister Vedrine war zu anmaßend, als er beteuerte, "Europäer sind sich einig in der Nicht- Unterstützung der Nahostpolitik des Weißen Hauses".

In der Tat konnte die EU-Außenministerkonferenz infolge des Widerstandes Englands, Deutschlands und Hollands gegen die Vedrine-Doktrin keine Nahostresolution verabschieden. Verdrine verriet seine einseitig antiisraelische Einstellung mit der arroganten Äußerung, "wir glauben, es ist ein Fehler, blind die von Ariel Scharon praktizierte Politik der reinen Unterdrückung zu akzeptieren." Die längst totgeglaubte israelische Linke meldet sich inzwischen wieder zu Wort. In Tel Aviv demonstrierten rund 12.000 Israelis für den Frieden und rund 200 Reserveoffiziere und -soldaten haben in einer öffentlichen Erklärung angekündigt, sie würden sich weigern in den besetzten Gebieten zu dienen. Israels unermüdliche Friedenstaube, Außenminister Peres, propagiert einen mit dem palästinensischen Parlamentspräsidenten Ahmed Qurei ausgearbeiteten "Friedensplan", der Waffenstillstand, gefolgt von sofortiger Anerkennung eines palästinensischen Staates in den jetzigen Autonomiegebieten und Verhandlungen zwischen beiden Staaten über einen endgültigen Friedensvertrag vorsieht. Die Anerkennung des palästinensischen Staates wäre auf den UN-Resolutionen 242 und 338 basiert, die den israelischen Rückzug "aus besetzten Gebieten" (im Gegensatz zu der arabischen Interpretation aus "allen besetzten Gebieten") vorsieht und die Verhandlungen über den Endstatus wären innerhalb von 12 Monaten abzuschließen. Allerdings findet Peres es schwer selbst in der eigenen Partei Zustimmung zu seinem Plan zu finden, geschweige denn bei den Parteien der Rechten. Wie es weitergeht weiß keiner. Die letzte Welle der Gewalt hat nur einmal mehr bewiesen, dass dieser Konflikt auf militärischem Wege nicht zu lösen ist. Israels bewaffnete Kräfte wurden für eine Konfrontation mit feindlichen Armeen, nicht fanatischen islamistischen Selbstmördern, ausgebildet. Ob Tenet oder Mitchell, Peres oder Abdullah – über kurz oder lang wird man zu den Grundsätzen des Clinton-Plans von Camp David zurückkehren.

Was dem Saudi-Kronzprinz Abdullah jetzt vorschwebt ist im Grunde ein Clinton-Plan in neuem Schutzumschlag.

Zeev Barth

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Camp David – die verpasste Chance

Fast täglich erschüttern schreckliche Meldungen aus dem Heiligen Land all jene, denen das Schicksal Israels – aber auch der Palästinenser – am Herzen liegt.

Die Tatsache, dass der Nahe Osten vor Ausbruch der selbst proklamierten "El-Aqsa-Intifada" dem Frieden näher war als zu irgend einer Zeit seit 1948 macht das Ganze nur noch tragischer. Warum aber sind die Verhandlungen in letzter Minute gescheitert? Darüber gibt es viele Theorien, zumeist von Kommentatoren, die gar nicht dabei waren, oder Politikern, die ihre eigene Version verbreiteten. Diese Niederlage hatte offensichtlich viele Väter! Die meisten, auch relativ unabhängige Kommentatoren, machen Yassir Arafat für das Scheitern verantwortlich. Und das stimmt auch, zumindest im Entscheidenden. Ebenso klar ist es, dass die katastrophale israelische Öffentlichkeitsarbeit nicht in der Lage war, diese Tatsache "herüberzubringen", oder so vage, dass in letzter Zeit sogar "blauäugige englische Reformrabbiner" Arafat exkulpieren. Nun aber lässt der Journalist Eric Silver in der Londoner "Jewish Chronicle" einen hochrangigen Experten zu Wort kommen – ganz nüchtern und ohne Tendenz – der an den gesamten Verhandlungen beteiligt war: Gilad Sher, den engsten Berater Ehud Baraks. Und dieser verteilt Lob und Tadel wo sie hingehören. Wobei er auch seinen Chef von der Kritik nicht verschont. Glaubt man Sher – und es gibt keinen Grund dies nicht zu tun – war Arafat tatsächlich der Hauptschuldige. Bill Clinton und Ehud Barak hätten jedoch durch eigene Fehler zum Scheitern beigetragen. Baraks erster Fehler bestand darin, den Verhandlungen mit Syrien Priorität einzuräumen und nicht jenen mit den Palästinensern. Arafat hätte sich durch diese Zurückstufung beleidigt gefühlt und es sei nicht gelungen, eine persönliche Beziehung zu Barak herzustellen. Noch sei allerdings nichts verloren gewesen. Barak entsandte Sher und seinen Außenminister Ben Amit nach Stockholm, die drei Monate lang geheim mit den Palästinensern Abu Ala und Hassan Asfour, die bereits an den Friedensverhandlungen in Oslo teilgenommen hatten, verhandelten. Letztlich wurden Fortschritte erzielt, die von den amerikanischen Vermittlern als "wichtigsten Durchbruch, der je erzielt wurde", aufgewertet wurden.

Voreilig, wie es sich herausstellte, denn nun bekam Arafat Angst vor seiner eigenen Courage. Er hatte zwar seine Delegierten nominiert, wollte sich aber mit den Ergebnissen nicht identifizieren, um sich nötigenfalls davon distanzieren zu können. Tatsächlich wurde in Stockholm in allen Punkten – außer der Jerusalem-Frage – Einigung erzielt, wie Sher in seinem Interview Silver versichert. Sogar in der Frage der palästinensischen Flüchtlinge. Sher: "Wir konnten einen Mechanismus ausarbeiten. Ein Internationaler Fond und eine internationale Kommission sollten errichtet werden, an denen sich auch Israel beteiligen und Kontributionen zahlen sollte. Jeder Flüchtling sollte die Wahl haben, eine Entschädigung an seinem gegenwärtigen Wohnort zu akzeptieren, oder in den geplanten Palästinenserstaat heimzukehren."

Nachdem die Verhandler die Ergebnisse ihren Chefs übermittelt hatten, beschlossen letztere eine formelle Konferenz in Camp David einzuberufen. Dabei, so Sher, unterliefen Bill Clinton wesentliche Fehler. Er wollt unbedingt noch einen historischen Erfolg erzielen und unterließ es die verfeindeten Gesprächspartner mit Geduld zu "präparieren". Dazu Sher: "Arafat hatte nichts getan um die Palästinenser auf einen Kompromiss vorzubereiten. Barak hingegen projizierte das Image eines schwachen Führers, der bei der anderen Seite Zweifel aufkommen ließ, ob es ihm gelingen würde, ein Abkommen im eigenen Land durchzuboxen. So scheiterten die Verhandlungen, doch war dies noch nicht das endgültige Fiasko. Wochenlang verhandelten Ben Ami und Sher mit den Palästinensern Saeb Erakat und Mohammed Dahlan, um die Errungenschaften von Stockholm und Camp David zu retten. Eine Einigung schien greifbar. Am 25. September 2000 treffen die Verhandler mit Arafat und Barak zusammen. "Die Atmosphäre war wunderbar, Arafat und Barak gaben ihren Segen: ,Ihr habt eine Woche um das Abkommen zu fixieren. Dann kommt zurück und wir unterschreiben." Beide Teams flogen nach Washington, um dies zu tun.

Dann aber brach die Gewalt im Nahen Osten aus. Inzwischen hatte Arafat erkannt, dass die amerikanischen Vorschläge doch auch von ihm entscheidende Konzessionen abverlangten. Wie im Basar beschloß er "Verbesserungen" mit Gewalt durchzusetzen. Anstatt die beginnende Intifada einzudämmen, beschloss er, so die Flammen anzufachen. Der Rest ist Geschichte.

Lucian O. Meysels

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Ehrung für Anton Schmid

 

Zwei niederösterreichische Schriftsteller, Christine Pabst und Manfred Wieninger, haben eine Initiative gestartet, durch die Benennung einer Schule oder einer Straße in Wien Anton Schmid, der vielen Juden half und ihnen das Leben rettete, zu ehren.

Der Österreicher Schmid hatte als Feldwebel im deutschen Heer einigen hundert Juden zur Flucht aus dem Wilnaer Getto verholfen. Hierfür war er 1942 von einem deutschen Militärgericht zum Tode verurteilt und erschossen worden. In Deutschland wurde 1999 eine Bundeswehrkaserne nach ihm benannt, in Yad Vashem wird Schmid als"einer der Gerechten unter den Völkern" ausgezeichnet. In Wien trägt bisher nur ein Gemeindebau seinen Namen. Es wäre außerordentlich verdienstvoll, Judenverfolgung und den Kontrapunkt, Mut zur selbstaufopfernden Hilfe, einer breiteren Öffentlichkeit – wieder – bewusst zu machen. Ðber das Schicksal und die Motivation Schmids hatte die Illustrierte Neue Welt im September 2000 einen längeren Artikel gebracht und einen Brief an seine Frau zitiert: "Wenn jeder anständige Christ auch nur einen einzigen Juden zu retten versuchte, kämen unsere Parteiheinis mit ihrer Lösung der Judenfrage in verdammte Schwierigkeiten." Seine Rechnung war wohl richtig, nur die Annahme, dass es so viele anständige Christen gäbe, war eine Fehleinschätzung. Die, die wegsahen und schwiegen, waren die Mehrheit. Wie viele würden heute schweigen und wegsehen? Sicherlich: Ein klein wenig sind die Gewissen schon aufgerüttelt. Aber die Empörung ist doch sehr wählerisch und richtet sich viel zu oft nach dem, was Boulevardzeitungen oder CNN vorgeben. Die Taliban entrüsten seit dem 11. September ungeheuer, – zu Recht "die Entrüstung vorher hielt sich in Grenzen und gleich null war die Entrüstung über ihre Gegner, die sich immerhin so aufführten, dass man die Koranschüler – zu Recht – als Befreier begrüßte". Israelische Bomben in den Palästinensergebieten führen zu einem Aufschrei, die Tatsache, dass Palästinenser als Erste und als Einzige mit Flugzeugentführungen ihren Terrorismus exportierten, wird verdrängt. Israel tut also gut daran, die Probe aufs Exempel nicht abzuwarten und sich zu schützen, damit sich die Frage gar nicht erst in der Praxis stellt. Hiefür mahnendes Verständnis zu wecken, dafür können Erinnerungen an Menschen wie Schmid dienen. Immerhin ist die Generation, die heute in Österreich gestaltet, in der Vorstellung der Unschuld aufgewachsen. Nach den vielen Jahren der Verdrängung bedenkt sie nicht, wie wohlwollend sie vom Schicksal behandelt wurde. Wäre sie von den Opfern des Nazismus nach den Grundsätzen des Nazismus behandelt worden, so wären ihre Familien ausgerottet, ihre Lebensgrundlagen vernichtet worden. Es wären ihr und ihren Eltern die materiellen Grundlagen für einen Wiederaufbau zerstört worden, man hätte ihr auch den Zugang zu Bildung, Wissen, die Möglichkeit zu Entwicklung und Fortschritt verwehrt. Für die Kinder und selbst Kindeskinder der Opfer ist das alles noch immer Gegenwart, für die Kinder derer, die damals geschwiegen haben, läuft es Gefahr immer verblassendere Geschichte zu werden. Sie wären nachhaltiger aufzurütteln gewesen zu einer Zeit, da die Erinnerung an das Geschehen des Krieges noch lebendig war. Befriedigung empfindet man, dass die Initiative nunmehr gerade von Personen ausgeht, die die schicksalhafte Zeit nicht erlebt haben und sich dennoch bemühen, den kleinen Feldwebel und wahrhaften Helden Schmid als Leitbild hervorzustellen und damit den Opfern der Verfolgung in Ehrfurcht zu gedenken.

Heimo Kellner

Unterstützung für die Initiative erfolgt durch Gedenkdienst,Treitlstraße 3, 1040 Wien, 01- 5810490, gedenkdienst@gedenkdienst.at

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Fehlurteil

In unserer Dezember/Jänner Ausgabe berichteten wir unter dem Titel "Zuweisung einer moralischen Verantwortlichkeit" über den Prozess, den Karl Pfeifer gegen die W3 VerlagsgesmbH & Co KG W3 ("Zur Zeit") führte, und der damit endete, dass vom Oberlandesgericht Wien (Senatsvorsitzende Dr. Doris Trieb) seine Klage im Gegensatz zur ersten Instanz kostenpflichtig abgewiesen wurde. Richterin Doris Trieb fand den Vorwurf der Menschenhatz, die in den Tod führen sollte als zulässige Meinungsäußerung. Sie zeigte während der mündlichen Urteilsverkündung am 15. Oktober 2001 im Saal auf Pfeifer und stellte fest: Mit Ihrem Artikel, Herr Pfeifer, haben Sie eine Lawine ausgelöst, die dazu führte, dass die Grünen und die Sozialdemokraten in Deutschland Prof. Pfeifenberger aus dem Amt drängten.

Die Staatsanwaltschaft erhob im Februar 2000 Anklage gegen den Politologen Pfeifenberger nach dem NS-Verbotsgesetz. Kurz vor dem Geschworenenprozess beging dieser aus bisher ungeklärten Gründen Selbstmord. Weniger als drei Wochen später eröffnete die Wochenzeitung "Zur Zeit" eine publizistische Kampagne und meinte, "der jüdische Journalist Karl Pfeifer" hätte mit seiner Rezension "eine Menschenhatz eröffnet, die in der Folge bis zum Tod des Gehetzten gehen sollte". Doch Chefredakteur Andreas Mölzer begnügte sich nicht damit, im Februar 2001 bestärkte er noch in einem an die Bezieher des Blattes gerichteten Bettelbrief diese Beschuldigung: "Karl Pfeifer wurde aus Anlass des Todes von Prof. Pfeifenberger in den Reihen jener Jagdgesellschaft geortet, die den konservativen Politikwissenschafter in den Selbstmord getrieben hat. Gegen Pfeifenberger sollte bekanntlich ein Gerichtsverfahren wegen NS-Wiederbetätigung wegen seiner Aussagen im "Freiheitlichen Jahrbuch 1995" eröffnet werden. Der jüdische Journalist Karl Pfeifer hatte dies als "Nazi-Töne" denunziert und damit die juristische Lawine gegen Pfeifenberger ausgelöst." Das Urteil des OLG war mit ein Grund dafür, dass Richter Bruno Weis vom Landesgericht, der noch im März 2001 die Verlagsgesellschaft Zur Zeit verurteilte, am 31. März 2002 Andreas Mölzer mit folgender Begründung freisprach: "Mölzer hat Karl Pfeifer zufällig in den Reihen der Jagdgesellschaft geortet und diese Reihen sind nicht wie bei Horst Wessel so fest geschlossen". Das "Horst Wessel-Lied", benannt nach dem gleichnamigen Führer des SA-Sturms, der es verfasste, war im Dritten Reich eine Art Nationalhymne. Die erste Strophe lautet: "Die Fahne hoch! / Die Reihen dicht geschlossen!"

Die Fehlurteile der Wiener Gerichte fanden in verschiedenen Medien Beachtung. Der Ha'aretz Journalist Yair Ettinger sprach über diese Angelegenheit mit Karl Pfeifer und u.a. auch mit Hans Rauscher sowie der israelischen Historikerin Anat Peri, deren Broschüre "Haiders Antisemitism" erst unlängst vom "Vidal Sassoon International Center for the Study of Antisemitism" an der Universität Jerusalem veröffentlicht wurde. Ha'aretz veröffentlichte Ettingers Artikel "Auch am Selbstmord ist der Jude schuld" am 4.2.2002 und am 8.2.2000 in der englischen Ausgabe. In der Wiener Stadtzeitung "Falter" (6.2.02) publizierte Florian Klenk einen informativen Artikel und einen Kommentar über diese Prozesse, in dem er zu folgendem Schluss kommt: "Der demokratische Diskurs sollte nach den Erfahrungen der Naziherrschaft vor dem undemokratischen geschützt werden. Die Wiener Justiz hat das anscheinend noch immer nicht ganz kapiert." Und last but not least, veröffentlichte das katholische Monatsmagazin "Kirche in" (02/2002) eine mehr als zweiseitige Analyse unter dem Titel "Rechts-Sprechung: Ein Christ als Opfer eines Juden?", die sich mit dem Urteil des OLG auseinandersetzt und in dem auch auf die christenfeindlichen Thesen im "Freiheitlichen Jahrbuch 1995" eingegangen wurde. Karl Pfeifer reichte beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Strassburg eine Beschwerde gegen die Republik Österreich ein.

J. N

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Deutschlands Rechtsextremisten

Auf Kosten der Republik

Die demokratische Öffentlichkeit in Deutschland schnappt nach Luft, will nicht glauben was da vor sich geht.

Die Wahrheit ist in der Tat unglaublich.

Die rechtsextreme NPD soll verboten werden, soweit so gut. Jetzt stellte sich jedoch heraus, dass der bundesdeutsche Verfassungsschutz diese Partei indirekt gesponsert haben dürfte. Sogenannte V-Leute, Agenten, wurden nicht eingeschleust wie man noch verstehen könnte, nein, ausgerechnet in der Führungsebene der Extremisten-Partei wurden Spitzel angeworben. Deren Honorare flossen meist sofort in den Spendentopf der Partei. Wolfgang Frenz, Gründungsmitglied der NPD und in mehreren Führungsfunktionen tätig, hatte, nach eigener Aussage, seine Kameraden von der vorgetäuschten V-Mann-Arbeit sogar informiert. Nun fragt man sich seit geraumer Zeit schon, wer da wen wohl bespitzelt hat. Für völlig wertlose Informationen wurden viele tausend Mark bezahlt. Zugleich lieferten die "Führungsoffiziere" im Verfassungsschutz jedoch im Gegenzug immer wieder wichtige Tips, etwa wie die V-Leute sich bei geplanten Razzien rechtzeitig durch Flucht entziehen sollten oder nannten sogar die entsprechenden Daten, damit die Kameraden Vorkehrungen treffen konnten...

Ein Horrorszenario: Der deutsche Verfassungsschutz in Kumpanei mit den Feinden der Verfassung. Der Staat bezahlt auch noch die Hetz- und Wühlarbeit gegen die Demokratie, gegen Ausländer, gegen Toleranz, gegen Israel, gegen die Freiheit. Der erwähnte V-Mann Wolfgang Frenz mag als Beispiel für viele andere gelten. Er hatte in einem üblen Machwerk die pure Nazi-Propanganda verbreitet: "So war nach Verständnis vieler Juden der letzte Weltkrieg ein Religions-und Rassenkrieg. Es ging darum, die arisch-nordische Rasse zu vernichten..." Und solche Leute sind Vertrauensleute der Republik? Viele V-Männer betrachten sich als vom Staat beschützt – was nicht ganz von der Hand zu weisen ist – und betreiben von dieser sicheren Position aus die wüsteste Hetze. Das ist die wahre Katastrophe. Politiker wie Christian Ströbele von den Grünen, der als Linker unter den Verfassungsschützern besonders zu leiden hatte, fordern schon lange die Auflösung des Verfassungsschutzes, weil er sich von seiner eigentlichen Aufgabe längst entfernt hat. Die "Schlapphüte" wie sie wenig respektvoll genannt werden, verschleudern einerseits Steuergeld an bekennende Neonazis für äußerst zweifelhafte Informationen, schnüffeln dafür umso emsiger im Umfeld sogar von Bundestagsabgeordneten herum, die im Verdacht stehen links zu sein. Man fragt sich deshalb, – nicht ohne Zynismus – ob der deutsche Verfassungsschutz nicht zu einer Vorfeldorganisation von rechtsextremen Parteien mutiert ist – auf Kosten der Steuerzahler. In einer linken Postille wurde unlängst eine NPD-Kundgebung den Lesern so vorgestellt: "V-Männer-Treffen der NPD". Entzündet hatte sich die Debatte um die V-Leute, nachdem durch eine Indiskretion aus dem Innenministerium Otto Schilys dem Bundesverfassungsgericht zu Ohren kam, dass unter den Zeugen der NPD, die im Rahmen des Verbotsverfahrens gehört werden sollten, auch Mitarbeiter des Verfassungsschutzes seien. Sie sollten als NPD-Funktionäre aussagen, nicht als V-Leute, die die wahren Vorgänge hinter den Kulissen der Partei beschreiben hätten können. Auch für einige dieser Zeugen, die tatsächlich wertvolle Informationen, ohne Absprache mit ihren Kameraden, hätten liefern können, eine fatale Situation. Das Bundesverfassungsgericht fühlt sich nicht zu Unrecht düpiert und hintergangen. Inzwischen wurden bereits acht V-Leute in der NPD enttarnt. Auch das ist ein Desaster für die Informationsbeschaffer, sofern es sich bei diesen Leuten überhaupt um echte Informanten gehandelt hat. Positiv kann man vielleicht bewerten, dass der Verfassungsschutz nun generell hinterfragt und eine Radikalkur angemahnt wird, die leider Schily noch mit seiner bekannt einfühlsamen Art vom Tisch fegen kann. Dass die NPD zutiefst verunsichert ist, wer denn nun alles tatsächlich Spitzel für die "Schlapphüte" ist, kann ein wenig erheitern, in all der Trübsal. Ein Funktionär hat bereits den Ex-RAF-Terroristen und nunmehrigen NPD-Einpeitscher Horst Mahler angezeigt bei der Staatsanwaltschaft Berlin, wegen Klientenschädigung. Mahler vertritt die NPD als Anwalt im Verbotsverfahren in Karlsruhe. Sein schriftliches Plädoyer für die NPD ist derart verfassungsfeindlich und die Naziherrschaft verharmlosend, dass man allein aus diesem Pamphlet bereits ableiten kann: Die NPD steht in der Tradition der NSDAP. Aber vielleicht ist Mahler auch ein bezahlter Spitzel? Die größten Dumpfbacken der Szene sehen sich bereits genötigt eidesstattliche Erklärungen abzugeben, sie seien keine V-Leute. Es herrscht eben allerorten Konfusion. Für den Kampf gegen Rechts ist die Affäre ein herber Rückschlag. Und man fragt sich immer öfters welch bizarres Spiel zum Schaden des demokratischen Rechtsstaates da gespielt wird. Die Bundesregierung läßt sich widerstandslos vorführen, wie ein Tanzbären-Ensemble. Der rechte Kanzlerkandidat Stoiber lacht sich derweil ins Fäustchen und schminkt die bayrisch-autoritären Züge eilends ab, auf dass er auch in die politische Mitte passt, aber die NPD-Wähler doch die Unionsparteien wählen. Es läuft bereits ein harter politischer Wahlkampf in Deutschland. Sehr zum Nachteil einer guten und notwendigen Reformpolitik und des wirksamen Kampfes gegen die immer aktiveren Nazis.

Rudi Lux

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Claims Conference

Sozialleistungen nun auch für im Ausland lebende österrreichische NS-Opfer

Genau ein Jahr nach dem Abschluss der Restitutionsverhandlungen in Washington, am 17. Januar 2002, veranstaltete die Claims Conference eine Resumee-Diskussion im Literaturhaus.Beprochen wurden neben den erzielten Errungenschaften des Restitutionsabkommens auch die noch ausständige Leistungen, wie die Ausweitung von Sozialleistungen für österreichische NS-Opfer, die im Ausland leben. Die Claims Conference hatte seit dem Restitutionsabkommen vor einem Jahr immer wieder die sofortige Ausweitung der Sozialleistungen auf im Ausland lebende österreichische NS-Opfer gefordert. Unabhängig vom Grad ihrer Bedürftigkeit erhielten diese Menschen bisher lediglich Pflegegeld bis zur Stufe zwei (286 Euro). Die alten aus Österreich vertriebenen Menschen blieben auch nach dem Abkommen Geiseln der anhängigen Klagen, von denen zwei noch aufrecht sind.

Die Grüne Abgeordnete zum Nationalrat, Mag. Terezija Stoisits brachte in ihrem Beitrag ihre Meinung deutlich zum Ausdruck und wiederholte diese auch einige Tage später im Parlament: "Es dient nicht der Aufarbeitung von Geschichte und es ist wahrlich nicht im Sinne des Bekenntnisses zur Geschichte, wenn man Menschen, die aufgrund ihrer Situation Anspruch auf Pflegegeld haben, dieses Pflegegeld zwar zugesteht – vor einem Jahr bereits zugestanden hat – es aber nicht ausbezahlt. Inzwischen sind viele von diesen Menschen, die alle hochbetagt sind, gestorben ohne in den Genuss dieser Leistung zu kommen. Das, was wir hier tun ist kein Akt der Gnade oder der besonderen Großzügigkeit, sondern stellt aus meiner Sicht die einzige Möglichkeit dar, den Gesetzesbeschluss des letzten Jahres mit Leben zu erfüllen. Jede andere Leistung würde dem Geiste der in Washington zum Thema Entschädigungsfonds geführten Verhandlungen widersprechen. Das ist es, und nicht mehr."

Moshe Jahoda, Gastgeber der Veranstaltung und Leiter der Claims Conference in Österreich, reagierte in seinem Schlussplädoyer auch auf Bemerkungen, die während der Diskussion gefallen waren: "Österreich wurde durch den Massenraub von jüdischem Eigentum wirtschaftlich nicht ärmer. Der Kernpunkt unseres hier und heute geführten Dialogs ist das menschliche Verstehen, ein gemeinsamer Wille, die Qualität des Lebens und des Sterbens der noch lebenden Opfer zu verbessern. Geld ist nur ein Mittel auf diesem Weg."

Nun wird ab 1. März das Pflegegeld bei Bedarf bis zur Stufe sieben (1531 Euro) ausbezahlt. Auch der rückwirkende Erwerb von Beiträgen für die Pensionsbemessung ist ab dann für die Opfer möglich.

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Sisyphus und der heilige Zorn

Ein erschütterndes Dokument, ein wichtiges Buch:
"In den Fängen des Dr. Gross"

Es gibt Bücher, die einen heiligen Zorn gegen Verlogenheit und Doppelmoral entfachen können. Die Parallelbiographie von Oliver Lehmann und Traudl Schmidt über den NS-Arzt Dr. Gross ist eines davon. Und die Warnung: "Vorsicht, dieses Buch kann Ihre Einschätzung über die Zweite Republik verändern" dürfte nicht fehlen. Bereits 1977 hat der Journalist Peter Michael Lingens einen Artikel über die Morde des Doktors vom Spiegelgrund Heinrich Gross mit der Ðberschrift versehen: "Gut, dass ich kein Terrorist sein will". Der Fall von Friedrich Zawrel, die Beständigkeit, mit der der wegen Kleinkriminalität verurteilte Mann Behörden und Persönlichkeiten mit Schreiben über die Vergangenheit von Gross konfrontierte, hat letztlich den Stein ins Rollen gebracht. Viele sind seitdem mit dem Fels beschäftigt, doch die Bemühungen gleichen jenen von Sisyphus: gegen Freunderlwirtschaft und falsche Scham ist nicht anzukommen. Seit Jahrzehnten beherrscht die Debatte über den NS-Arzt die österreichische Öffentlichkeit und alle, die an Gerechtigkeit glauben wollen, müssen Ohnmacht empfinden. Dass Dr. Gross bisher noch nicht der Prozess gemacht wurde, ist jedoch kein Zufall, denn er hatte gute Freunde auf der richtigen Seite (beim BSA und in der SPÖ) und seine Taten betrafen vor allem Behinderte. Die beiden Journalisten erzählen in ihrem Buch die Geschichte von zwei Menschen, berichten über den unaufhaltsamen Aufstieg des Dr. Gross und die Geschichte des Scheiterns von Friedrich Zawrel, den der Arzt drei Mal in seinem Leben begutachtet und behandelt hatte, zuletzt 1975 dafür sorgte, dass "sein" Patient, der ihn erkannte und über sein Vorleben auf dem Spiegelgrund wusste, wieder hinter Gitter kam. Wegen einer Schadenssumme von 20.000 Schilling wurde Zawrel aufgrund des Gutachtens von Heinrich Gross zu sechs Jahren mit anschließender Einweisung auf zehn Jahre in eine Anstalt für gefährliche Rückfalltäter verurteilt. Erstmals wird durch dieses Buch die Tragweite des Falles Gross und seiner Förderer im Kreis des "Bundes Sozialistischer Akademiker" (BSA) klar. Denn auch in den achtziger Jahren, als bereits bewiesen war, woher die Gehirnsammlung von Gross stammte, es waren die Gehirne der ermordeten Kinder vom Spiegelgrund, bekam der Arzt weiterhin Geld für seine Forschungen über das für ihn geschaffene "Ludwig Boltzmann Institut zur Erforschung der Mißbildungen des Nervensystems". Die SPÖ und der BSA haben sich daher schwer getan mit einer Distanzierung und manche tun sich bis heute schwer. Das Beispiel des BSA Salzburg, der einem Historiker ausnahmslos Zugang zu den Akten gewährt hat, um so den sozialdemokratischen Versuch zu dokumentieren, "neue" akademische Kader der CV Ðbermacht entgegenzustellen, wobei man dabei nicht immer wählerisch war und sein konnte in der Bewertung der Vergangenheit, bleibt die Ausnahme. Das Buch ist eine erschütternder Bericht über eine Existenz am Rande vor, während und nach dem Nationalsozialismus und macht einmal mehr deutlich, dass der Eindruck nicht trügt, dass die öffentliche ausgiebige Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus auch der Verpflichtung entheben kann, die ungeschminkte Geschichte der Zweiten Republik zu schreiben. Die Scheinheiligen, die bei Gross weggeschaut, ihn unterstützt und geehrt haben, werden einen sicheren Platz in dieser Geschichte der Zweiten Repunblik einnehmen müssen und dagegen hilft kein Verschweigensversuch mehr. Wie Opfer und Täter im BSA miteinander ausgekommen sind, welche Mechanismen sich dabei entwickelt haben, diese und ähnliche Fragen werden noch zu erforschen sein. Vorerst bleibt ein heiliger Zorn, dass offenbar dieser Täter seiner Strafe entgehen wird und dass die Auszeichnung, die Gross von der Republik Österreich bekam, höher einzustufen ist als jene, die der Leiter des US-Militärgeheimdienstes, Charles Haywood Dameron, erhielt, der maßgeblich an der Aufdeckung der Verbrechen im Schloss Hartheim zuständig war. Dass Heinrich Gross nicht der einzige war, der seiner Strafe entging und dass es noch andere Ärzte seines Kalibers in Österreich gibt, schmerzt umso mehr, umso wichtiger ist aber dieses Buch. Die Autoren gehören zu jenen, die nicht geschwiegen haben und so auch mitgeholfen, dass ein Gesinungswandel bei Entscheidungsträgern einsetzte. Fehler zu begehen – Interviews zu verweigern ist eine Sache – dies auch einzugestehen eine andere und dies kommt nicht so oft vor in der Politik. So mag die Pressekonferenz von BSA-Vorsitzendem Sepp Rieder Anfang September 2001 gewertet werden, der eigene Fehler eingestand ("Es war ein Fehler, die Sache nicht offensiver anzugehen") und eine Untersuchungskommission in Aussicht gestellt hat. Ein Zeichen für diese Veränderung ist das offizielle Zeichen, das die Stadt Wien mit der Beerdigung der Opfer vom Spiegelgrund setzt mit Fingerspitzengefühl, in Absprache mit den Angehörigen und ohne die Trauer politisch instrumentalisieren zu wollen, wie versichert wird.

Robert Streibel

Oliver Lehmann/Traudl Schmidt: In den Fängen des Dr. Gross. Das misshandelte Leben des Friedrich Zawrel,
Czernin Verlag, Wien 2001, 211 Seiten, geb., Euro 18,02

Am Sonntag , 28. April werden die Opfer nach einem feierlichen Trauerakt in Anwesenheit des Bürgermeisters der Stadt Wien auf dem Zentralfriedhof beerdigt. Die Trauerfeier findet um 14 Uhr in der Aufbarungshalle 2 statt.
Zentralfriedhof, Simmeringer Hauptstsraße, 1110 Wien, Tor 2, Gruppe 40

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Schultreffen im Lauder Chabad Campus

Ein besonderes Ereignis stand am 24. Februar den Absolventen der Beth Chabad-Hauptschule bzw. Lauder Chabad Mittelschule bevor. Denn an diesem Abend hat ein Schultreffen der Jahrgänge 1991-2001 im Lauder Chabad Campus stattgefunden, das nicht so schnell in Vergessenheit geraten wird. Es war sehr schön alte Gesichter zu treffen, sich an alte Zeiten zu erinnern und zu sehen was aus den ehemaligen Klassen- bzw. Schulkollegen geworden ist. Gut gelaunt und voller Freude stürmten hunderte ehemaligen Schüler und Lehrer in den wundervoll geschmückten Saal hinein, in dem alte Klassenfotos zu sehen waren. Es wurde viel geplaudert, gelacht und fotografiert. Erinnerungen aus der alten Schulzeit wurden wach, an die man sich gern erinnert. Vor lauter Aufregung kehrten wir in unsere Kindheit zurück und für einen kurzen Augenblick waren wir wieder die Schüler von Beth Chabad. Doch was uns in die Realität zurückversetzt hat war die Tatsache, dass die Ehepartner von vielen Absolventen anwesend waren. Einige Absolventen und bedeutende Rabbiner, unter anderem Rabbi Jakov Biderman, Rabbi Dov Gruzman, Rabbi Zalman Mendelson u. a., haben berührende Reden gehalten. Eine große Ehre erwies uns auch an diesem Abend Rabbi Zvi Grinwald aus Israel, der mit seiner Rede das Publikum faszinierte und das Wissen vieler Anwesenden erweiterte. Einer der Höhepunkte war auf jeden Fall der Videoclip, der aus mehreren alten Schulfotos und Videoausschnitten zusammengestellt war, bei dem das Publikum ganz begeistert war. Dieser Werk ist dem Team Foto Video Andre zu verdanken, der das tolle Ereignis aufgezeichnet hat. Zu erwähnen ist auch das wundervolle Essen, das zwei ehemalige Chabad-Schüler zubereiteten, an die ein großes Lob ausgesprochen werden muss. Ein wunderschön gelungener Abend ging langsam dem Ende zu, man verabschiedete sich von einander und die letzten Fotos wurden geschossen. Wir verließen den Saal voller Begeisterung und mit der Hoffnung, dass sich ein dermaßen tolles Ereignis in Zukunft wiederholen wird. Bis zum nächsten Schultreffen.

Riginashvili Sarit (Absolventin des Jg. 1993)

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Attraktion für das Wiener Freud-Museum

Der Nachlass Eva Rosenfelds

rosenfeld
Eva Rosenfeld 1911
Foto aus dem Nachlass

Das Wiener Sigmund Freud-Museum in der Berggasse 19 ist um eine Attraktion reicher: Mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Kultur sowie der Stadt Wien gelang es dem Museum, das seit 31 Jahren besteht, den Nachlass Eva Rosenfelds zu erwerben – Bücher, Dokumente und Bilder, die den Beginn der Psychoanalyse und das Umfeld Freuds beleuchten. Die aus einem Berliner-Brünner Elternhaus stammenden Psychoanalytikerin Rosenfeld lebte von 1892 bis 1977 und zählte zu den engsten Vertrauten Anna Freuds, der Tochter des Begründers der Psychoanalyse. Gemeinsam mit Anna Freud und Dorothy Burlingham gründete Eva Rosenfeld 1927 in der Wattmanngasse die "Hietzinger Schule" – eine der ersten Wiener Einrichtungen, in denen Kinder Projektunterricht genossen und von analytisch geschulten Lehrern unterrichtet wurden. Ðber die Anfänge dieser Schule und die Beziehung zwischen Anna Freud und Rosenfeld berichtet ein Briefwechsel, der im Rahmen des Nachlasses in den Besitz des Freud-Museums gelangte. Insgesamt erwarb das Museum 289 Objekte, darunter auch mehrere Autographen, die Sigmund Freud selbst betreffen: Briefe von Sigmund Freud an Eva Rosenfeld, deren Mutter Rose und deren Tante Yvette Guilbert. Als Freud 1885 bei Jean-Martin Charcot arbeitete, lernte er die junge Sängerin Yvette Guilbert kennen, damals Star der Pariser VarietÈs. Ebenso dokumentiert werden die engen Beziehungen der Familie Rosenfeld zur Film- und Theaterwelt: eine Fotodokumentation der mit Rosenfeld verschwägerten Lilli Palmer, Korrespondenzen mit Noel Coward, Alec Guiness, Laurence Olivier und Gerhard Hauptmann sowie Schriftstücke und Widmungsexemplare von Marlene Dietrich. Seltenheitswert hat ein Foto des Malers und Freud-Enkels Lucien Freud, der im Stile einer Skulptur von Henry Moore posiert. Der Nachlass umfasst auch seltene Originalabzüge von Fotoaufnahmen. Das Wiener Sigmund-Freud-Museum kann in den 31 Jahren seines Bestehens vor allem auf internationale Erfolge verweisen. Seit seiner Eröffnung 1971 kamen mehr als eine Million Besucher. Im Mittelpunkt des Museums steht die Beschäftigung mit aktuellen Inhalten und der Anspruch, das, was die Psychoanalyse im 21. Jahrhundert zu leisten im Stande ist, zu präsentieren. Das Museum versteht sich nicht als Aufbewahrungsort von Devotionalien, sondern als Schnittstelle zwischen Kultur und Wissenschaft. Ein Höhepunkt der Arbeit des Museums ist die gemeinsam mit der Library of Congress erarbeitete Ausstellung "Sigmund Freud: Konflikt und Kultur". Diese wurde 1999/2000 in der Östereichischen Nationalbibliothek und im Sigmund Freud-Museum gezeigt und übersiedelte anschließend nach Washington, New York, Chicago, Los Angeles, Sao Paolo und Rio de Janeiro. Wie die Direktorin des Museums, Inge Scholz-Strasser, vor der Gesellschaft der Freunde der Universität Tel Aviv in Österreich berichten konnte, wird die Ausstellung zwischen Mai und September dieses Jahres im Bet Hatefutsoth- Museum der Universität Tel Aviv zu sehen sein.

fcb

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Letzte Änderung: 03.01.2012
Webmeisterin+Redaktion: Mag. Ditta Rudle
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